Die AfD nimmt das historische Bauhaus ins Visier.
Heute diskutiert der Landtag von Sachsen-Anhalt auf Initiative der AfD das 100jährige Jubiläum des Bauhauses in Dessau im kommenden Jahr. Der Antrag der Partei unter dem Titel „Irrweg der Moderne“ gibt einen Einblick in die Sicht der AfD auf die klassische Moderne – nicht als Frage des Geschmacks zu einer künstlerischen Epoche, sondern als ideologische Frage. Der AfD-Landtagsfraktion – und namentlich ihrem ideologischen Impulsgeber Hans-Thomas Tillschneider – geht es am Beispiel des Bauhauses um eine grundsätzliche Kritik an der kulturellen Moderne. Weit über eine bloße Stilkritik hinaus zielt die rechtsextreme Initiative auf die demokratische, aufgeklärte und diverse Verfasstheit des Kulturbetriebs im Land. Diese Moderne-Kritik schöpft aus den Quellen der politischen Romantik der völkischen Bewegung des frühen 20. Jahrhunderts und greift deren Motive in Varianz auf. Schon damals war rechtskonservativen und rechtsextremen Kulturkritikern der Universalismus der sich entwickelnden Massengesellschaft und ihre Formen demokratischer Teilhabe ein Dorn im Auge. Die Moderne, so die Klage der völkischen Rechten, entwurzele den Menschen, sorge für Traditionsabbrüche und zerstöre die vermeintlich harmonische Ordnung von Gesellschaft und Kultur. Der Antrag der AfD mit seiner Kritik am Bauhaus ist für die Partei mithin nur das Medium, um ihre rechtsextreme Kulturkampf-Agenda zur Wiederaufführung zu bringen.
Auf der Ebene der strategisch-politischen Kommunikation verfolgt die AfD mit ihrem Antrag das von ihr seit 2016 in Szene gesetzte Wechselspiel von Provokation und Tabubruch. Der Antrag im Landtag von Sachsen-Anhalt ist eine Provokation, mit deren Hilfe die AfD wieder einmal austestet, wie weit sie in der Verschiebung des Sagbaren im öffentlichen Diskurs gehen kann. Dabei wird sie die Reaktionen aus Politik, Gesellschaft und Medien genau registrieren und daraufhin anschauen, wo ihr Agieren im Kontext des Antrags auf ein Zurückweichen derer trifft, die sie in diesem Antrag hart angeht. Die Kulturkampf-Agenda der Partei zielt darauf, Schneisen im Diskurs zu schlagen, um die Normalisierung rechtsextremer Inhalte in jedem nur möglichen Politikfeld zu festigen und voranzutreiben.